© 03.02.2023 - Gisela Henke

Giardienbefall

Giardienbefall beim Frettchen wurde lange Zeit unterschätzt, aber er ist ein gravierendes Problem geworden. Giardien sind die einzigen ernst zu nehmenden Endoparasiten beim Frettchen. In der Frettchensprechstunde werden häufig Tiere mit Verdauungsstörungen vorgestellt. Dazu zählen Inappetenz (z.B. aus psychischen Gründen, Trauer, Kummer), Erbrechen (z.B. Fremdköper, Pankreatitis, Leberinsuffizienz), Durchfall (Giardienbefall, Futterverweigerung, selten Infektion). Ein chronisch rezidivierender, schleimiger, grünlicher oder brauner Durchfall deutet auf Giardien hin. Tiere, die unter heftigem Befall leiden, können auch wässrigen, übel riechenden Kot in Farben von grau bis orange haben, zum Teil mit Blutbeimengungen. Obwohl die Art des Futters nicht verändert wird, ist der Kot zwischendurch durchaus normal geformt. Trotzdem können die Tiere austrocknen und werden inappetent. Die Diagnostik bereitet häufig Schwierigkeiten, da gerade bei extremen Durchfällen nur eine geringe Menge an Giardien ausgeschieden wird und somit ein Test negativ ausfällt. Auch sind Giardien in der Lage, sich in die Gallenblase zurückzuziehen bzw. sich dort anzusiedeln. Der Befall mit Giardien betrifft den gesamten Bestand. V.a. Jungtiere, ältere Frettchen ab 4 bis 5 Jahre und Tiere in Stresssituationen reagieren mit heftigem Durchfall und gestörtem Allgemeinbefinden. Der Grund dafür könnte zum einen eine schwächere Abwehr oder ein reduziertes Fressverhalten alter und trauernder Tiere sein, denn Frettchen, die schlecht fressen neigen generell zu Durchfall. Frettchen trocknen sehr schnell aus. Verlaufsformen eines Giardienbefalls 1. Akuter Verlauf Der Durchfall ist schleimig bis wässrig in verschiedenen Farbschattierungen von farblos über grau, grün bis orange und braun, z.T. mit Blutbeimengungen und Futterbestandteilen. linker Kothaufen ist unverdächtig rechter Kothaufen ist verdächtig Das Allgemeinbefinden der Frettchen ist hochgradig gestört mit Erbrechen und Exsikkose, so dass sogar Todesfälle möglich sind. Leider ist ein diagnostischer Test bei wässrigem Durchfall nur schwach positiv bis negativ (Verdünnungseffekt). 2. Chronischer Verlauf Ein milder, und frühzeitig erkannter Befall ist gut behandelbar, heilt aber meist nicht aus. Immer wieder kommt es in unterschiedlich langen Abständen zu schleimigem Durchfall mit reduziertem Fressverhalten. Das Allgemeinverhalten ist nur geringfügig gestört. Wird die Diagnose Giardienbefall nicht gestellt und somit nicht dagegen behandelt, entwickelt sich ein chronisch rezidivierender Verlauf, bei dem trotz gleich bleibender Fütterung Kot in wechselnder Konsistenz während eines Tages zu finden ist. Das Allgemeinbefinden ist während eines akuten Schubs gestört, die Wasseraufnahme erhöht und die Futteraufnahme reduziert. Stresssituationen können einen solchen Schub auslösen und den Zustand der Tiere dramatisch verschlechtern. Diagnose Für die Diagnostik stehen Elisa- oder PCR-tests zur Verfügung, wobei der PCR (z.B. Primagnost® Giardia H+K) hochspezifisch und sensitiv ist. Es sollte gut durchmischter Kot verwendet werden. Therapie Kot und kontaminiertes Katzenstreu sollten zeitnah und großflächig entfernt werden. Die Reinigungsgeräte und die beschmutzten Stellen im Katzenklo müssen „pingelichst“ nach jedem Kotkontakt gereinigt und desinfiziert werden. Da Frettchen die Angewohnheit haben, sich den Po durch Rutschen über den Boden zu reinigen, müssen auch diese Flächen gereinigt und desinfiziert werden, ebenso die Flächen in der Nähe eines Klos, an die Futter verschleppt wird. Das einzige Desinfektionsmittel, das wirkt ist Neopredisan®. Es wird am besten in einer entsprechenden Verdünnung mit Hilfe einer Sprühflasche aufgetragen. Es muss einwirken und die Fläche danach trocken sein. Mit dem Einsatz eines Dampfreinigers würden sich die Giardien zystieren und wären wieder infektiös. Eine Reinfektion muss möglichst gering gehalten werden, bedingt durch die Haltungsform von Frettchen kann sie nicht 100%ig vermieden werden. Das einzig zugelassene Mittel gegen Giardienbefall ist Panacur® (Fenbendazol). Es sollte hoch dosiert (50- 75mg/kg) und lange (5 Tage Gabe, 3 Tage Pause so lange diesen Turnus wiederholen, bis keines der Tiere mehr unter Durchfall leidet) gegeben werden. Die Therapie muss erneut durchgeführt werden, sobald wieder schleimiger Durchfall auftritt. Leider bestehen inzwischen Resistenzen gegen Fenbendazol. Ein weiteres Mittel gegen Giardien wäre Metronidazol (15mg/kg 2x tgl.), das umgewidmet werden muss, leider extrem bitter schmeckt und zum Teil ebenfalls Resistenzen zeigt. Als drittes Arzneimittel kann Spartrix® (Carnidazol, für Brieftauben zugelassen) in einer Dosierung von 5mg/250g Frettchen 1x tgl. eingesetzt werden. Als Dosierungsbeispiel benötigt eine Fähe mit 750g KGW Tbl. tgl.. Die Anwendung erfolgt über 5 Tage, drei Tage Pause mit Wiederholung bis keines der Tiere mehr Durchfall aufweist. Dieses Mittel wird, aufgelöst mit etwas Katzenmilch und Vitaminpaste vermischt, gut aufgenommen. Leider ist auch mit Spartrix® nicht immer eine Heilung zu erzielen, aber die Symptome können gelindert und die symptomfreien Abstände verlängert werden. Ronidazol ist ein weiterer Wirkstoff, der gut gegen Giardienbefall beim Frettchen eingesetzt werden kann. Da es sich ebenfalls um ein Präparat gegen Trichomonaden bei Tauben handelt, muss es ebenfalls umgewidmet werden. Das Präparat wird von Frettchen gut vertragen, leider kann ich über die Langzeitwirkung oder eventuelle Nebenwirkungen noch nichts sagen, da es erst seit kurzem eingestzt wird. Die Dosierung beträgt 15 - 30mg/kg einmal täglich über 3-10 Tage je nach Schweregrad der Erkrankung. In Pulverform s c h m e c k t dieses Präparat extrem bitter, so dass es von den Frettchen nicht angenommen wird. Die einzige Möglichkeit ist die Eingabe als Tabletten. Sie sind wesentlich weniger bitter und können geviertelt zusammen mit Vitaminpaste direkt ins Mäulchen eingegeben werden. Die Dosierung ist 1/2 - 1Tbl. pro 750g Frettchen bei Tabletten mit 20mg Wirkstoff pro Tablette. (Diese TKK Tabletten 20mg Ronidazol + 3mg Ethacridinlaclat werden von der Firma Vet-Schröder + Tollisan in Holland hergestellt und vertrieben.) Bei Frettchen, die auf Grund des Giardienbefalls an Übelkeit und Erbrechen leiden, rate ich wegen des bitteren Geschmacks eher zur Verabreichung von Spartrix. Zusatzpräparate gegen Durchfall oder zur Sanierung der Darmflora sind so gut wie unwirksam. Ebenso zeigen Spasmolytika beim Frettchen keine ausreichende Wirkung. Das einzige Mittel, das den Flüssigkeitsverlust über den Darm etwas eindämmen kann und von den Frettchen akzeptiert wird, ist Flosa® Balance (Psilium). Es hat einen fruchtigen Geschmack und kann unter das Futter, auch Frischfleisch gemischt werden. Einige Magendarmdiäten wirken ebenfalls stuhlfestigend, doch ist es häufig schwierig kränkelnde und damit inappetente Frettchen an unbekanntes Futter zu gewöhnen. Zu beachten ist, dass es sich bei Giardienbefall um eine Zoonose handelt. Hunde, Katzen und Besitzer können sich anstecken.
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